Verbrenner-Aus
Verbrenner-Aus, Foto: pixabay

Der Verbrennungsmotor steht seit über einem Jahrhundert im Zentrum individueller Mobilität – er hat das Automobilzeitalter geprägt und die deutsche Wirtschaft entscheidend mitgestaltet. Doch nun scheint seine Ära dem Ende entgegenzugehen. Die Europäische Union hat beschlossen, ab 2035 keine neuen Pkw mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr zuzulassen, um die Klimaziele zu erreichen. Diese Entscheidung bedeutet einen tiefgreifenden Wandel für Industrie, Beschäftigte und Verbraucher. Gleichzeitig wird intensiv darüber diskutiert, ob sogenannte E-Fuels, also synthetische Kraftstoffe, eine Zukunft für den Verbrennungsmotor eröffnen könnten. 

Verbrenner-Aus ab 2035 und Ausnahmen

Die Europäische Union hat im Rahmen ihres Klimapakets beschlossen, dass ab 2035 keine neuen Pkw mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden dürfen. Dieses de-facto-Verbrennerverbot gilt EU-weit für Benzin- und Dieselautos, um die CO₂-Emissionen im Verkehrssektor auf Null zu senken. Rechtsgrundlage sind verschärfte CO₂-Flottengrenzwerte: Neuzulassungen müssen bis 2030 ihren CO₂-Ausstoß um 55 % gegenüber 2021 reduzieren und 2035 schließlich 100 % emissionsfrei sein. Diese Vorgaben entsprechen in der Praxis dem vollständigen Umstieg auf Elektroautos oder andere Null-Emissions-Fahrzeuge, da nur so ein CO₂-Ausstoß von 0 g/km erreicht werden kann. Bestandsfahrzeuge sind allerdings nicht betroffen – Gebrauchte mit Verbrenner dürfen weiter betrieben und verkauft werden. Es handelt sich also nicht um ein Fahrverbot für bestehende Autos, sondern um ein Zulassungsverbot für neue Modelle.

Der Weg zu diesem EU-Beschluss war politisch umkämpft. Während Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments sich bereits 2022 einigten, blockierte Deutschland kurzfristig die finale Bestätigung. Hintergrund war die Forderung der FDP (in der deutschen Regierungskoalition), eine Ausnahme für synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) zuzulassen. Schließlich kam Ende März 2023 ein Kompromiss zustande: Neuwagen mit Verbrennungsmotor dürfen auch nach 2035 zugelassen werden, sofern sie ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betrieben werden. Die EU-Kommission soll dazu bis Herbst 2024 eine neue Fahrzeugklasse "e-fuels only" schaffen. Fahrzeuge dieser Kategorie müssten technisch sicherstellen, dass kein fossiler Kraftstoff getankt werden kann – etwa durch Sensoren oder eine Abschaltvorrichtung, die den Motor stoppt, falls Benzin oder Diesel im Tank ist. Nur unter dieser Bedingung würden solche Autos von den CO₂-Flottengrenzwerten ausgenommen und dürften weiterhin verkauft werden. Die rechtliche Umsetzung soll per delegiertem Rechtsakt erfolgen. Experten weisen jedoch darauf hin, dass noch Unklarheiten bestehen, wie diese Ausnahmeregel praktisch umgesetzt und kontrolliert werden kann.

Abseits dieser E-Fuel-Option gibt es kaum Schlupflöcher: Kleinserienhersteller (wie einige Sportwagenmarken) erhalten vorerst keine generelle Sonderbehandlung, und für Lkw oder Busse gelten separate Emissionsgesetze mit teils längeren Fristen. Insgesamt setzt die EU mit dem Verbrenner-Aus ein starkes Signal für die Elektromobilität. Bis 2035 sollen Autohersteller ihre Modellpaletten schrittweise auf Elektroantrieb umstellen. Übergangsweise dürfen auch Hybridfahrzeuge weiterhin verkauft werden – allerdings nur bis zur Zielmarke, da auch Plug-in-Hybride ab 2035 nicht mehr die Anforderungen erfüllen (sie emittieren zwar weniger, aber nicht null CO₂). Nationale Vorreiter gehen teils schneller voran: Einige Länder wie Norwegen oder das Vereinigte Königreich haben eigene Fristen um 2030 für das Aus neuer Verbrenner angekündigt. Das EU-Ziel 2035 schafft nun verbindlich Planungssicherheit für alle Mitgliedstaaten – mit der von Deutschland durchgesetzten Klausel, dass klimaneutrale synthetische Kraftstoffe nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Ob jedoch nach 2035 tatsächlich noch nennenswerte Mengen neuer Verbrenner-Pkw zugelassen werden, gilt als offen. Die meisten Hersteller fokussieren ihre Entwicklung längst auf elektrische Antriebe, und Verbrennungsmotoren dürften allmählich von den Straßen Europas verschwinden.

Folgen für Industrie und Arbeitsplätze

Die Automobilindustrie ist in Deutschland ein Schlüsselsektor – gemessen am Umsatz der größte Industriezweig des verarbeitenden Gewerbes. Rund 780.000 Menschen waren 2023 in deutschen Autounternehmen beschäftigt, dazu kommen hunderttausende Jobs bei Zulieferern. Ein Ende des Verbrennungsmotors trifft insbesondere Deutschland mit seinen großen Herstellern (VW, BMW, Mercedes-Benz, Audi, Porsche und anderen) und ihrem dichten Netz an Zulieferbetrieben. Verbrennerfahrzeuge bestehen aus deutlich mehr Teilen als Elektroautos, vor allem im Motor- und Getriebebau. Folglich bedeutet die Elektrifizierung eine enorme Transformation der Arbeitswelt: Bestimmte Berufsfelder verlieren an Bedeutung, während neue Kompetenzen gefragt sind. Studien prognostizieren, dass die Umstellung auf E-Mobilität bis 2035 einen erheblichen Arbeitsplatzabbau zur Folge haben könnte. So rechnet eine Branchenanalyse im Auftrag des Verbands der Automobilindustrie damit, dass insgesamt etwa 140.000 Arbeitsplätze wegfallen werden. Bereits zwischen 2019 und 2023 sind in der deutschen Autoindustrie netto rund 46.000 Stellen abgebaut worden – ein Trend, der sich fortsetzen dürfte. Klar ist: Es werden weniger Beschäftigte benötigt, weil ein Elektroantrieb wesentlich simpler aufgebaut ist als ein komplexer Verbrennungsmotor mit Abgasanlage, Kraftstoffsystem und Getriebe. Schätzungen gehen von etwa ein Drittel weniger Personal in der Fertigung des elektrifizierten Antriebsstrangs aus. Besonders betroffen sind klassische Facharbeiter-Jobs im Motorenbau, Maschinenbau, Metallguss und der mechanischen Fertigung – Bereiche, in denen viele gut qualifizierte Beschäftigte tätig sind. Gleichzeitig entstehen neue Jobs in anderen Bereichen: gefragt sind Mechatroniker für Hochvolttechnik, Batteriezellfertigung, Software- und IT-Experten, Elektrotechniker sowie Fachleute für autonomes Fahren und vernetzte Fahrzeuge. Der Wandel ist also strukturell, mit Verschiebung der Kompetenzen statt reinem Netto-Abbau. Allerdings bestehen Unsicherheiten, ob die neuen Jobs in Anzahl und Qualifikation die wegfallenden ersetzen – und ob sie in denselben Regionen entstehen.

Die großen deutschen Automobilhersteller haben sich längst strategisch auf die Elektrifizierung eingestellt, auch wenn ihre Positionen zum Verbrenner-Aus unterschiedlich nuanciert sind. Volkswagen beispielsweise investiert massiv in Elektroplattformen und hat angekündigt, spätestens 2035 in Europa nur noch elektrische Neuwagen zu verkaufen. Konzernchef Oliver Blume betont, man halte am Elektro-Kurs fest und arbeite darauf hin, die EU-Vorgaben zu erfüllen. Zugleich fordert VW aber verlässliche politische Rahmenbedingungen – etwa beim Ausbau der Ladeinfrastruktur und bezahlbaren Strompreisen – und mahnt an, die Zwischenziele realistisch zu überprüfen. Blume regte an, in den späten 2020ern regelmäßig einen „Realitätscheck“ durchzuführen: Sollten Märkte oder Verbraucher langsamer auf Elektro umsteigen als erwartet, müssten flexible Übergangsfristen erwogen werden. Mercedes-Benz verfolgt ebenfalls den Weg zur Elektromobilität, hat aber ein etwas anderes Tempo kommuniziert. Der Konzern peilt an, „bereit für vollelektrisch“ bis 2030 zu sein – das heißt, wo immer Markt und Infrastruktur es zulassen, will Mercedes ab 2030 nur noch E-Autos anbieten. Gleichzeitig soll aber bis in die 2030er Jahre hinein eine gewisse Flexibilität erhalten bleiben: Mercedes will seine Produktionsstätten so auslegen, dass parallel noch hocheffiziente Verbrennungsmotoren (teils als Hybride) gefertigt werden können, solange die Nachfrage besteht, insbesondere in Märkten außerhalb Europas. BMW nimmt eine technologieoffene Haltung ein. Das Unternehmen hat keinen festen Endtermin für Verbrenner verkündet und will weiterhin mehrere Antriebsarten parallel anbieten (Elektro, Hybrid, Verbrenner), um flexibel auf Kundenwünsche weltweit zu reagieren. BMW rechnet damit, dass schon vor 2030 rund 50 % der Verkäufe vollelektrisch sein könnten – bleibt aber dabei, auch nach 2035 noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor für bestimmte Märkte oder Nischen im Portfolio haben zu wollen. Diese Haltung wird von manchen politischen Akteuren (etwa Teilen von CDU/CSU und FDP) unterstützt, die vor einem zu strikten Ausstieg warnen und E-Fuels als Chance sehen. Andere Hersteller gehen konsequenter voran: Audi (als Teil des VW-Konzerns) hat angekündigt, 2026 die letzten neuen Verbrenner-Modelle auf den Markt zu bringen und ab 2033 weltweit die Produktion von Verbrennungsmotoren ganz einzustellen. Stellantis (Peugeot, Opel, Fiat u.a.) und Volvo haben ebenfalls klare Elektro-Only-Zeitpläne für Europa (Stellantis ab 2030 nur noch E-Pkw in Europa). Japanische Konzerne wie Toyota setzen hingegen weiterhin stark auf Hybridtechnologie und alternative Lösungen wie Wasserstoff-Verbrennung, um je nach Region einen angepassten Mix anzubieten. Insgesamt sind die Unternehmen hin- und hergerissen zwischen dem Druck der Klimaziele und der Marktrealität: In Europa erzielten Elektroautos 2023 wachsende Marktanteile, doch der Absatz schwankte (z.B. Einbruch in Deutschland nach Kürzung der Kaufprämien).

Parallel zum Handeln der Konzerne gibt es die Perspektive der Arbeitnehmervertretungen. Gewerkschaften wie IG Metall stehen vor der Herausforderung, Arbeitsplätze zu sichern, ohne den technologischen Wandel auszubremsen. Die IG Metall betont die zentrale Rolle der Elektromobilität für einen klimafreundlichen Umbau – sie gilt also grundsätzlich als Befürworterin der Transformation, solange sie sozial gestaltet wird. Ein Zurückdrehen des EU-Verbrennerverbots ab 2035 sieht die Gewerkschaft kritisch: Planungssicherheit für Unternehmen und Beschäftigte sei wichtiger als das Festhalten an alten Technologien. Tatsächlich haben viele Hersteller bereits Milliarden in den E-Umbau investiert – diese Investitionen wären gefährdet, wenn politische Ziele ständig revidiert würden. IG Metall fordert statt einer Verzögerung des Ausstiegs vielmehr mehr Unterstützung für die Beschäftigten im Wandel: Qualifizierungsoffensiven, Innovationsförderung für neue Produkte und vor allem Zukunftsperspektiven an den bisherigen Automobilstandorten. Die Stimmung an der Basis ist gemischt – in Regionen wie Baden-Württemberg oder Niedersachsen, wo das Auto „im Blut“ der Wirtschaft liegt, nimmt die Verunsicherung zu. Dort beobachtet die IG Metall bereits Stellenabbau und Werksschließungen (etwa Schließungspläne einiger VW-Standorte), was die Akzeptanz der Veränderung bei den Beschäftigten sinken lässt. Umso wichtiger, betont die Gewerkschaft, sei ein „Sprung nach vorn“: Die deutsche Autoindustrie müsse durchstarten in Richtung Software, Batterietechnik und E-Antriebe, um international wettbewerbsfähig zu bleiben und neue Beschäftigung zu schaffen. Dabei unterstützt die IG Metall auch flankierende politische Maßnahmen – von EU-Förderprogrammen bis zu nationalen Initiativen für Batteriefabriken und Ladenetze. Nicht zuletzt spielt der Exportmarkt eine Rolle: Wenn deutsche Hersteller bei Elektroautos nicht schnell genug sind, droht Konkurrenz aus den USA (Tesla) und insbesondere China Marktanteile zu gewinnen. Verzögerungen beim Umstieg könnten langfristig noch mehr Jobs kosten, falls Europa die technologische Führung verliert. Kurz gesagt: Die Ära des Verbrenners ist aus Sicht vieler Branchenkenner und Arbeitnehmervertreter ohnehin auf dem absteigenden Ast; nun kommt es darauf an, den Übergang zu neuen Antrieben so zu gestalten, dass Wertschöpfung und Jobs möglichst im Land bleiben.

Potenzial synthetischer Kraftstoffe (E-Fuels)

Ein zentrales Argument der Befürworter verbleibender Verbrennungsmotoren sind synthetische Kraftstoffe, auch E-Fuels genannt. Dabei handelt es sich um künstlich hergestellte Flüssigkraftstoffe (Benzin oder Diesel-Ersatz), die mithilfe von grünem Strom produziert werden. Das Prinzip: In einem aufwendigen chemischen Prozess wird Wasserstoff (H₂) mittels Elektrolyse aus Wasser gewonnen und anschließend mit CO₂ zu Kohlenwasserstoffverbindungen synthetisiert. Das benötigte Kohlendioxid wird idealerweise aus der Luft oder Industrieabgasen abgeschieden. Wird für diese Herstellung ausschließlich erneuerbare Energie genutzt, sind E-Fuels in der Bilanz klimaneutral: Beim Verbrennen im Motor entsteht zwar CO₂, jedoch genau die Menge, die zuvor zur Kraftstoffherstellung entnommen wurde. Theoretisch könnte man so Millionen vorhandene Verbrenner-Pkw klimafreundlich weiterbetreiben, ohne sie auf Elektro umzurüsten. Praktisch jedoch gibt es erhebliche Hürden und Einschränkungen.

Der Entwicklungsstand: E-Fuels befinden sich noch im Anfangsstadium der Markteinführung. Erste Pilotanlagen – etwa in Chile (Punta Arenas) mit deutscher Beteiligung (Porsche, Siemens Energy) – haben kürzlich die Produktion aufgenommen, allerdings in sehr geringen Mengen. In Chile wurden Ende 2022 symbolisch die ersten Liter synthetisches Benzin produziert. Die Anlage soll in den nächsten Jahren ausgebaut werden, um perspektivisch einige Millionen Liter jährlich herzustellen. Zum Vergleich: Der Kraftstoffverbrauch allein in Deutschland liegt bei über 40 Milliarden Litern pro Jahr. Es ist also klar, dass E-Fuels kurzfristig allenfalls Nischen bedienen können. Auch andere Projekte in Europa (Norwegen, Spanien) und weltweit (Australien, Saudi-Arabien) sind in Planung, oft mit Fokus auf Flugkraftstoffe. Denn die Luftfahrt und die Schifffahrt gelten als prioritäre Einsatzgebiete – hier gibt es kaum Alternativen zum flüssigen Energieträger, während Pkw auf Batteriebetrieb umsteigen können.

Kosten und Wirkungsgrad: Derzeit sind E-Fuels noch extrem teuer in der Herstellung. Verschiedene Quellen schätzen die aktuellen Produktionskosten auf rund 5 bis 10 Euro pro Liter Kraftstoffäquivalent. Selbst bei künftigem massenhaften Ausbau sollen die Preise laut Experteneinschätzungen deutlich über konventionellem Sprit liegen. Eine Analyse der Umweltorganisation Transport & Environment erwartet etwa um 2,80 € pro Liter bis 2030. Optimistischere Industrieverbände (eFuel Alliance) halten langfristig Kosten von ~1,50 € pro Liter für möglich – allerdings erst 2050 und unter idealen Bedingungen. Zum Vergleich: Fossiler Kraftstoff kostet in der Produktion oft weniger als 0,50 € pro Liter (ohne Steuern). Ohne staatliche Förderung oder Steuererleichterungen wären E-Fuels an der Tankstelle also voraussichtlich wesentlich teurer als Benzin/Diesel. Genau das räumen auch Befürworter ein: Porsche etwa kalkuliert, dass ihr synthetischer Sprit in absehbarer Zeit nicht ohne Subventionen wirtschaftlich konkurrenzfähig sein wird. Der hohen Kostenfaktor hängt direkt mit dem schlechten Wirkungsgrad der E-Fuel-Herstellung zusammen. Fachleute wie der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer kritisieren die „gruselige Energiebilanz“ synthetischer Kraftstoffe: Vom eingesetzten Ökostrom geht ein Großteil in den Umwandlungsprozessen verloren. Nur etwa 15–20 % der ursprünglichen Energie landen letztlich als Vortrieb im Auto, wenn man E-Fuels nutzt – bei einem batterieelektrischen Fahrzeug sind es rund 70–80 %. Anders ausgedrückt: Ein E-Fuel-Auto verbraucht 3–5 mal so viel Strom pro Kilometer wie ein Elektroauto, weil der Umweg über die Kraftstoffsynthese enorme Verluste mit sich bringt. Das bedeutet, um eine signifikante Menge an Fahrzeugen mit E-Fuels zu betreiben, bräuchte man riesige zusätzliche Mengen an erneuerbarer Energie – und zwar an günstigen Standorten (Sonnengürtel, windreiche Küsten), da in Europa selbst der Ökostrom knapp und wertvoll ist. Neben dem Strombedarf fallen weitere Nachteile ins Gewicht: Die Herstellung erfordert viel Wasser (für die Elektrolyse) und industrielle Anlagen, oft in Regionen mit fragiler Umwelt. Und auch beim Endverbrauch ist ein E-Fuel-Verbrenner kein Allheilmittel: Der Motor stößt zwar kein neues CO₂ aus, wohl aber Schadstoffe wie Stickoxide (NOx) und Feinstaub, ähnlich wie herkömmliche Kraftstoffe. Diese Luftschadstoffe sind eine Ursache für städtische Smog- und Gesundheitsprobleme, was reine Elektroautos vermeiden.

Politische und fachliche Bewertung: In der deutschen Politik haben insbesondere Vertreter der FDP E-Fuels als Retter des Verbrennungsmotors propagiert. Verkehrsminister Volker Wissing argumentierte, man müsse Technologieoffenheit bewahren und auch klimaneutrale Kraftstoffe ermöglichen, anstatt allein auf die Batterie zu setzen. Das Ergebnis dieses politischen Drucks war – wie oben beschrieben – die Ausnahme im EU-Gesetz, wonach E-Fuel-Autos auch nach 2035 neu zugelassen werden dürfen. Die Bundesregierung hat damit formal erreicht, dass der Verbrenner mit synthetischem Sprit eine theoretische Zukunft haben kann. Gleichzeitig betonen aber andere Mitglieder der Regierung (insbesondere aus SPD und Grünen), dass diese Ausnahme nur ein kleiner Kompromiss sei, der die Gesamtstrategie kaum ändert. Umweltministerin Steffi Lemke etwa begrüßte den EU-Beschluss und meinte, entscheidend sei nun, dass die neuen CO₂-Flottengrenzwerte kommen – die E-Fuel-Option ändere daran wenig und gebe lediglich der FDP einen symbolischen Erfolg. Die EU-Kommission hat zugesagt, die Ausnahmeregel streng auszugestalten: Nur wirklich CO₂-neutrale Kraftstoffe sollen in Frage kommen. Das heißt, es müssen über das Kreditsystem oder Zertifikate nachgewiesen werden, dass für die produzierten Liter E-Fuel zusätzlich erneuerbarer Strom und CO₂-Quellen bereitgestellt wurden, anstatt fossile Quellen zu substituieren. Zudem darf keinerlei Beimischung fossilen Sprits stattfinden. Experten und auch die Autoindustrie selbst sind skeptisch, ob es in absehbarer Zeit einen nennenswerten Markt für E-Fuel-Pkw geben wird. Die Autohersteller haben zwar nichts gegen die Option – sie ermöglicht z.B. Sportwagenherstellern wie Porsche theoretisch weiter Verbrennerikonen (911 etc.) anzubieten, sofern die Kunden E-Fuel tanken. Aber kein Massenhersteller verlässt sich darauf als Klimastrategie. Volkswagen und Mercedes haben öffentlich erklärt, dass der Elektromobilität die Zukunft gehört und sie den Kurs nicht ändern. Stellantis-Chef Carlos Tavares sprach sich ebenfalls dagegen aus, die EU-Ziele aufzuschieben, da sein Konzern bereits auf Vollelektro umstellt. Die Autolobby VDA hat zwar das Entgegenkommen bei E-Fuels begrüßt, aber auch klar gestellt, dass primär die Elektrifizierung vorangetrieben wird. Kritiker von E-Fuels – darunter Umweltverbände und viele Wissenschaftler – argumentieren, dass synthetische Kraftstoffe vor allem dort eingesetzt werden sollten, wo es keine Alternativen gibt (Flugzeuge, Schiffe, bestimmte Industriezweige). Im Pkw-Bereich dagegen sei der Aufwand unsinnig hoch. Sie warnen vor einer Illusion, die nur Zeit und Ressourcen binden könnte: Sollte man versuchen, den kompletten Autoverkehr mit E-Fuels zu betreiben, bräuchte man einen immensen Zubau an Solar- und Windparks weltweit. Entsprechende Produktionskapazitäten werden frühestens weit nach 2035 verfügbar sein, wenn überhaupt. Aus klimafachlicher Sicht ist es also unwahrscheinlich, dass E-Fuels den Verbrenner in der Breite „retten“ können. Realistischer ist ein Nischendasein: synthetische Kraftstoffe als Sonderlösung für Oldtimer, Luxus- und Sportwagen oder für Spezialfahrzeuge, deren Elektrifizierung sich schwierig gestaltet. In diesen Segmenten könnten Verbrennungsmotoren dank E-Fuels länger überleben – aber im Massenmarkt der Alltagsautos zeichnet sich das Ende der Verbrenner-Ära ab.

Das Zusammenspiel aller Faktoren – strenge EU-Abgasregeln, nationale Klimaziele, technologische Fortschritte bei Batterien, Investitionen der Hersteller und auch der Konkurrenzdruck – sorgt dafür, dass der Siegeszug des Elektroautos wohl unaufhaltsam ist. Die Jahre bis 2035 werden von einer beschleunigten Elektrifizierung geprägt sein: In Deutschland strebt die Regierung 15 Millionen E-Autos bis 2030 an (derzeit rund 2 Mio. sind zugelassen), und die Infrastruktur für Ladesäulen wird massiv ausgebaut. Gleichzeitig wird die Produktion klassischer Verbrennungsmotoren Jahr für Jahr zurückgefahren. Einige Experten sprechen daher tatsächlich vom „Ende einer Ära“: Der Verbrennungsmotor prägte über ein Jahrhundert lang Wirtschaft und Gesellschaft, doch sein Zenit ist überschritten. Ob es ein endgültiges Aus oder doch einen kleinen Fortbestand in Nischen gibt, wird sich zeigen. E-Fuels bieten eine spannende technologische Möglichkeit, Verbrenner klimaneutral zu machen – aber sie ändern nicht die grundlegende Richtung. In Summe sieht es so aus, dass 2040 auf Europas Straßen fast nur noch batterieelektrische oder wasserstoffbetriebene Fahrzeuge neu unterwegs sein werden. Verbrenner werden allenfalls als Liebhaberstücke oder in Spezialanwendungen überdauern. Das „Ende der Ära“ vollzieht sich also schrittweise: 2035 markiert politisch den Wendepunkt, ab dem kein neues Auto mit Auspuff mehr in den Showrooms steht. Was danach kommt, ist eine neue Ära der Mobilität – mit anderen Technologien, Chancen und Herausforderungen für Industrie, Arbeitnehmer und Verbraucher.

QUELLEN:

  • Tagesschau (28.03.2023): „Ausnahme für E-Fuel-Fahrzeuge – EU beschließt weitgehendes Verbrenner-Aus“ 

  • ADAC (03.07.2023): „Verbrenner-Aus: Ab 2035 keine neuen Diesel und Benziner mehr“

  • Tagesschau (26.04.2025): „VW-Chef Blume zweifelt an Verbrenner-Aus bis 2035“

  • IG Metall Baden-Württemberg (22.02.2023): „EU-Autogipfel – Rückenwind aus Brüssel für den Wandel“

  • Frankfurter Rundschau (29.10.2024): „Durch Verbrenner-Aus könnten 190.000 Jobs wegfallen“ 

  • ADAC (24.09.2024): „Verbrenner-Aus in der Diskussion: Werden die Hersteller wankelmütig?“

  • Auto Bild (11.02.2023): „Was werden E-Fuels kosten? Neue Prognose eines Umweltverbands“ 

  • Spiegel Online (02.06.2024): „BMW will nach 2035 Verbrenner verkaufen und wird unterstützt von Union und FDP“