Die neue schwarz-rote Koalition setzt bei ihrer Verkehrspolitik auf gezielte Entlastungen für Pendler, Bahnfahrer und Besitzer von Elektrofahrzeugen. Geplant sind mehrere steuerliche Vorteile, Investitionen in die Schiene und Reformen bei der Fahrausbildung. Auffällig: Der klassische Straßenbau tritt in den Hintergrund.
Inhaltsverzeichnis:
- Pendlerpauschale, Stromsteuer und Klimageld für mehr finanzielle Entlastung
- Volkswagen setzt Forderungen zur Elektromobilität durch
- Investitionen in das Schienennetz statt in neue Straßen
- Autobahnen im Fokus: Finanzierung und Mautoptionen
- Keine neuen Regelungen beim Verbrenner-Aus und Tempolimit
- Radverkehr bleibt Randthema
Pendlerpauschale, Stromsteuer und Klimageld für mehr finanzielle Entlastung
Die Koalition plant ab dem 1. Januar 2026 eine dauerhafte Erhöhung der Pendlerpauschale auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer. Aktuell beträgt sie 30 Cent bis zum 20. Kilometer und erst ab dem 21. Kilometer 38 Cent. Die neue Regelung soll für alle Verkehrsmittel gelten, also auch für Bahn- und Fahrradfahrer.
Ein weiteres zentrales Ziel ist die Reduzierung der Stromkosten für Endverbraucher. Zwar bleibt der Strompreis insgesamt hoch, jedoch sollen durch Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß und durch niedrigere Netzentgelte schnelle Entlastungen von mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde möglich werden.
Das sogenannte Klimageld soll Mehrkosten durch die CO2-Bepreisung ab 2027 abfedern. Einnahmen aus dem Emissionshandel sollen an Bürger und Unternehmen zurückgegeben werden. Details zu Umfang und Ausgestaltung bleiben offen. Die Maßnahme orientiert sich am Modell anderer europäischer Länder.
Auch bei den Führerscheinkosten sind Änderungen geplant. Die Koalition will die Ausbildung reformieren, um den Führerscheinerwerb wieder bezahlbar zu machen. Vorschläge hierzu hatte die CDU bereits 2024 vorgelegt. Konkrete Maßnahmen sind noch nicht definiert.
Volkswagen setzt Forderungen zur Elektromobilität durch
Die neue Regierung übernimmt zentrale Punkte aus einem Forderungskatalog von Volkswagen zur Förderung von Elektroautos. Der Brief des Konzerns wurde zuvor im Lobbyregister des Bundestages veröffentlicht.
Künftig werden Dienstwagen mit einem Bruttolistenpreis bis 100.000 Euro steuerlich begünstigt. Damit werden auch teure Modelle wie der Porsche Taycan indirekt subventioniert. Zudem wird die Kfz-Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge bis 2035 verlängert. Österreich hat diese bereits im April 2025 abgeschafft.
Weitere Maßnahmen zur Förderung der E-Mobilität:
- Sonderabschreibung für Elektroautos
- Mautbefreiung für emissionsfreie Lkw über 2026 hinaus
- Förderung von Plug-in-Hybriden und Range-Extender-Fahrzeugen
- Unterstützung für Haushalte mit geringem Einkommen durch EU-Mittel
Die milliardenschweren Subventionen werden vom Steuerzahler finanziert oder durch neue Schulden gedeckt. Allein durch die verlängerte Steuerbefreiung gehen dem Staat jährlich Milliardenbeträge verloren.
Investitionen in das Schienennetz statt in neue Straßen
"Erhalt vor Neubau" lautet das zentrale Motto der Koalition beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Neue Straßenprojekte treten in den Hintergrund. Die Bundesregierung plant, Genehmigungsverfahren für Infrastrukturmaßnahmen deutlich zu vereinfachen.
Ein neu geplanter Eisenbahninfrastrukturfonds soll sowohl Haupt- als auch Nebenstrecken sanieren und modernisieren. Auch die Elektrifizierung der Strecken soll beschleunigt werden – selbst wenn sie wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint. Ein Verzicht auf klassische Kosten-Nutzen-Abwägungen wird ausdrücklich erwähnt.
Das beliebte Deutschlandticket bleibt erhalten, wird aber teurer. Bis 2029 soll der Eigenanteil der Nutzer schrittweise erhöht werden. Ziel ist eine sozial verträgliche Finanzierung durch die Fahrgäste selbst.
Autobahnen im Fokus: Finanzierung und Mautoptionen
Die Rolle der Autobahn GmbH wird im Koalitionsvertrag deutlich gestärkt. Die Regierung prüft derzeit, wie sich die Gesellschaft dauerhaft stabil finanzieren lässt. Ein möglicher Weg: die Einführung einer allgemeinen Pkw-Maut.
Drei Modelle stehen zur Diskussion:
- Streckenbezogene Maut wie in Italien – teuer, vor allem für Vielfahrer
- Vignettenlösung wie in der Schweiz – günstig, aber angesichts des deutschen Netzes eventuell kostspieliger
- Kilometer- oder CO2-basierte Maut – technisch machbar, aber potenziell die teuerste Variante
Bereits seit 2021 wird der reale Verbrauch neuer Pkw digital übermittelt, sofern der Halter nicht widerspricht. Diese Daten könnten künftig als Grundlage für eine CO2-basierte Maut dienen.
Keine neuen Regelungen beim Verbrenner-Aus und Tempolimit
Die bisherige Ablehnung der CDU/CSU gegen das EU-weite Verbrenner-Aus ab 2035 taucht im Koalitionsvertrag nicht mehr auf. Damit scheint sich die SPD durchgesetzt zu haben. Gleichzeitig wird jedoch die Förderung von Plug-in-Hybriden wieder aufgenommen – ein offensichtlicher Widerspruch.
Auch beim Thema alternative Kraftstoffe bleibt der Vertrag vage. Es wird lediglich der Wille betont, deren Einsatz "voranzubringen", ohne konkrete Fördermaßnahmen zu nennen.
Ein Tempolimit auf Autobahnen wird nicht eingeführt. Die CDU lehnt ein generelles Limit weiterhin ab. Die SPD hatte sich für eine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h eingesetzt. Änderungen an den innerstädtischen Regelungen, wie Tempo 30-Zonen, sind nicht geplant.
Radverkehr bleibt Randthema
Im gesamten Koalitionsvertrag findet der Radverkehr kaum Beachtung. Es bleibt bei der allgemeinen Formulierung, man wolle Rad- und Fußverkehr fördern.
Forderungen nach einer "Fahrrad-Milliarde" zum Ausbau sicherer Radwege wurden nicht aufgenommen. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club kritisierte das bereits im März 2025. Für Städte und Gemeinden bleibt unklar, ob neue Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Die schwarz-rote Koalition verfolgt eine klare Prioritätensetzung: E-Mobilität und Bahn erhalten Milliarden, der klassische Straßenbau tritt zurück, und der Radverkehr bleibt unterrepräsentiert. Die Auswirkungen für Verbraucher, Industrie und Umwelt werden sich in den nächsten Jahren zeigen.
Quelle: FOKUS Online