Trotz dichter Ladeinfrastruktur in vielen Regionen Deutschlands zeigt eine aktuelle Datenanalyse: Der Umstieg auf das Elektroauto bleibt weiterhin mit Hürden verbunden. Die Unterschiede bei der Versorgung, hohe Kosten und uneinheitliche Ladeangebote bremsen den Wandel im Straßenverkehr. Die Bundesziele für 2030 sind gefährdet.
Inhaltsverzeichnis:
- Schnelllader in Berlin, Engpässe in Schleswig-Holstein
- Ladebedarf übersteigt lokal das Angebot
- Deutschland europäischer Spitzenreiter
- Betriebskosten sprechen für Stromer – Anschaffung bleibt teuer
- Komplexe Tarife erschweren das Laden
- Herausforderungen bleiben
Schnelllader in Berlin, Engpässe in Schleswig-Holstein
Im bundesweiten Vergleich zeigt sich ein starkes Nord-Süd- und Ost-West-Gefälle beim Zugang zu Schnellladestationen. Die höchste Dichte öffentlicher Ladepunkte wurde in Berlin und Bremen festgestellt. Dort steht laut Analyse der Datenjournalisten des SWR durchschnittlich alle 1,7 Kilometer ein Ladepunkt. Auch Nordrhein-Westfalen liegt mit einem Abstand von 3,5 Kilometern über dem Bundesdurchschnitt.
Weniger gut sieht es in Urlaubsregionen wie Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg aus. Hier liegt der Abstand zwischen Schnellladern bei 8 bis 12 Kilometern. Wer also aus dem Süden an die Ostsee fährt, muss mitunter gezielt Ladepausen einplanen.
Katharina Lucà vom ADAC bestätigt auf Anfrage, dass entlang der Fernstraßen die Versorgung gut sei, in ländlichen Gebieten und Ballungszentren jedoch noch große Lücken bestehen.
Ladebedarf übersteigt lokal das Angebot
Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur zeigt in ihrem Mai-Bericht 2025, dass der Ladebedarf in vielen Landkreisen Deutschlands noch nicht gedeckt ist. Eine Karte mit drei Farbstufen visualisiert den Zustand:
- Grün: Wahrscheinlich gedeckt
- Gelb: Absehbar gedeckt
- Rot: Nicht gedeckt
Zahlreiche Landkreise in Thüringen, Bayern, Sachsen und Rheinland-Pfalz sind rot markiert – dort reicht die öffentliche Ladeleistung nicht aus, um den Bedarf der zugelassenen E-Autos zu decken. Besonders kritisch ist die Situation in Teilen von Ostdeutschland und im Südwesten.
| Deckungstyp | Bedeutung | Beispielregionen |
|---|---|---|
| Wahrscheinlich gedeckt (grün) | Öffentliche Ladeleistung übersteigt Bedarf | Niedersachsen, Hessen, NRW |
| Absehbar gedeckt (gelb) | Bedarf gedeckt durch öffentliche & private Ladepunkte | Teile von Bayern, Rheinland-Pfalz |
| Nicht gedeckt (rot) | Notwendige Leistung nicht erreicht | Sachsen, Baden-Württemberg, Thüringen |
Deutschland europäischer Spitzenreiter
Mit über 40.000 Schnellladepunkten liegt Deutschland im EU-Vergleich klar an der Spitze. Es folgen Frankreich mit 34.000 und Großbritannien mit 17.500 Ladepunkten. Dies geht aus einer Erhebung der Europäischen Kommission vom November 2024 hervor. Das große Netz ist entscheidend für Langstreckenfahrten. Im Durchschnitt finden Fahrende in Deutschland alle 5.000 Meter eine Schnellladestation.
Ein typisches E-Auto mit einer Reichweite von etwa 450 Kilometern benötigt theoretisch nur einen Ladestopp auf der Strecke von Mainz nach Sylt (740 Kilometer). Technisch ist das also längst machbar. Die sogenannten „Reichweitenängste“ vieler Menschen sind aus Sicht der Datenlage unbegründet.
Allerdings: Nur 17 Prozent der Neuzulassungen 2025 entfallen bislang auf vollelektrische Fahrzeuge. Ohne deutliche Steigerung wird das Ziel der Bundesregierung – 15 Millionen E-Autos bis 2030 – nicht erreicht.
Betriebskosten sprechen für Stromer – Anschaffung bleibt teuer
Eine Kostenanalyse von SWR und ADAC belegt: Ab etwa 2030 sind Elektroautos günstiger als Diesel- oder Benzinfahrzeuge, bezogen auf die Gesamtlebensdauer. Dennoch bleibt der Einstieg für viele teuer.
Übersicht: Kosten eines Autolebens (in Euro)
| Jahr | Elektro | Benzin | Diesel |
|---|---|---|---|
| 2025 | 37.000 | 43.000 | 45.000 |
| 2030 | 48.000 | 53.000 | 58.000 |
| 2040 | 60.000 | 65.000 | 68.000 |
Bis 2030 wird das Elektroauto günstiger als ein Dieselfahrzeug. Ab etwa 2035 ist es auch günstiger als ein Benziner. Grundlage der Berechnung: 15.000 Kilometer Jahresleistung, durchschnittliche Energiepreise von 2024 (Strom: 0,39 €/kWh, Diesel: 1,63 €/l, Benzin: 1,72 €/l).
Dennoch: Käufer schrecken oft vor den hohen Anschaffungskosten zurück. Die Preisunterschiede liegen bei mehreren Tausend Euro – besonders ohne Umweltbonus.
Komplexe Tarife erschweren das Laden
Ein weiterer Faktor: die komplexen und teils intransparenten Ladepreise. Verschiedene Anbieter verlangen unterschiedlich viel – selbst an derselben Ladesäule. Ad-hoc-Laden ohne Vertrag ist meist teurer. E-Autofahrende zahlen unterwegs selten weniger als 50 Cent pro Kilowattstunde.
Laut EnBW sind nur 20 Prozent der Ladepunkte überdurchschnittlich ausgelastet. Dennoch hat der Energiekonzern den Ausbau verlangsamt. Die Bundesregierung erkennt den Handlungsbedarf. Im Koalitionsvertrag ist eine Verbesserung der Nutzerfreundlichkeit an Ladesäulen vorgesehen. Förderungen fürs private Laden zuhause bleiben hingegen aus.
Herausforderungen bleiben
Obwohl Deutschland beim Ausbau öffentlicher Ladepunkte führend in Europa ist, bestehen weiterhin große regionale Unterschiede. Die Ladeinfrastruktur hinkt in einigen Regionen dem Bedarf hinterher. Gleichzeitig ist der Autokauf durch hohe Anfangskosten gehemmt. Soll das Klimaziel für 2030 erreicht werden, müssen Netzabdeckung, Preistransparenz und Förderstrukturen weiterentwickelt werden.
Quelle: Tagesschau